Whalewatching in Island: Schaukelnde Boote, Gruppenkoller und die Aussicht, einen Blauwal zu sehen

Walfluke eines Buckelwals

Whaaaaat? Einen Blauwal? Ja, oben in Húsaviks Bucht im Norden Island gibt es tatsächlich: Blauwale!
Bevor Ihr jetzt hektisch runterscrollt: Nein, ich habe leider keinen gesehen, aber ich finde diese Meldung einen Eintrag wert, denn bis zu unserem Whalewatching-Tag habe ich gedacht, bei den angeblichen Blauwalen in Húsavik handele es sich um einen Touristen-Nepp findiger isländischer Unternehmer. Auch auf meiner Suche im Internet habe ich lediglich Verweise von örtlichen Tourismusunternehmen gefunden, die ja nun nicht die verlässlichste Quelle sind, und daher die Behauptung unseres Bootsanimateurs Samuel nicht ernst genommen, dass am vorherigen Tag genau in dieser Bucht ein Blauwal gesehen worden sei.

Wem nicht ganz klar ist, worüber ich hier spreche: Blauwale sind die größten Tiere der Erde und sie sind vermutlich auch die größten Tiere, die jemals auf der Erde gelebt haben! 30 Meter können sie lang werden, bis zu 200 Tonnen wiegen und manche Leute fahren jahrelang in arktischen und antarktischen Gewässern herum, bevor sie einen zu Gesicht bekommen, denn insgesamt schätzt man die Population auf lediglich noch 10-20.000.
Ja, ich bin walbegeistert, wie Ihr merkt. Weshalb ich das nun so genau weiß, dass da tatsächlich Blauwale herumschwimmen? Das kam so:

Einer der Punkte, die auf unserem Wollen-Zettel für Island standen, war natürlich eine Bootstour in Húsavik, wie das jeder ordentliche Islandtourist macht. Húsavik ist das Whalewatching-Zentrum im Norden. Für knapp 60 Euro fand ich eine dreistündige Tour nicht übertrieben teuer, versprach mir allerdings nicht sonderlich viel davon. In Grönland hatte ich lediglich einen winzigen Walrücken in gefühlt 12 Kilometern Entfernung gesehen - außergewöhnliches Pech, wie man mir versicherte.
In der Antarktis hatte ich zwar viele Buckelwale gesehen, aber auch die waren recht weit entfernt und wollten so gar nicht mehr als ein bisschen Rücken und 2-3 Blas zeigen, und bei der einzigen Fluke, die sich ein Exemplar erbarmte zu zeigen, ließ der Buckelwal einen gigantischen, extrem unappetitlichen Schiss ab, der nicht sonderlich fotogen war.
Ja, meine Erwartungen an Walbeobachtungen waren also - eher gering. Ich freute mich aber auf ein bisschen Bootfahren, vielleicht ein paar Papageientaucher und ganz vielleicht einige weit entfernte Walrücken.

Das Wetter war mäßig, als unsere Vierergruppe aus Akureyri losfuhr, mit isländischem Nullachtfuffzehngrau und Nieselregen - macht ja nüscht mit den richtigen Klamotten, nicht wahr.
Machte auch wirklich nüscht, denn nach einer Dreiviertelstunde Fahrt stellten wir fest, dass einmal wieder der winzige Tank des 10-Liter-schluckenden Wagens fast leer war. Der darauf entbrennende Streit, wie man nun am Besten an Sprit gelangen, ob die letzten Tropfen es noch bis Husavik reichen und ob es dort überhaupt eine Tankstelle entgegen der Karteninformation geben würde, war nachhaltig und endete in einem allgemeinen Gruppenkoller zurück in Akureyri, wo wir vier für den Rest des Tages ungefähr diese Richtungen nahmen:


Der nächste Versuch am kommenden Morgen gestaltete sich optisch dann tatsächlich hübscher, mit allerfeinstem Blauhimmel und Sonnenschein und einer schönen Fahrt am Fjord Eyjafjörður entlang.

Akureyri liegt am hübschen Fjord Eyjafjörður

Húsavik ist ein süßes kleines Städtchen und damit die viertgrößte Stadt Islands. Die Stadt liegt in einer Bucht inmitten schneebedecker Berge und hat für mich einen der schönsten Aus- und Anblicke Islands.

hübsches Húsavik

Viel sehen wir allerdings nicht von der Stadt, steuern sofort den Hafen an und freuen uns, dass unser Boot das fotogene Knörrinn sein wird.

Links das Whalewatching-Boot Knörrinn. Auch mit dem Segler rechts werden Touren angeboten
Links: Wer nach der Tour geeignete Fotos hat, kann sie zum Marine-Institut einschicken

Nachdem wir abgelegt haben, steuert der Kapitän direkt die gegenüberliegende Seite der Bucht an.

Es ist windig aber schön und ich spiele ein bisschen Ihr-wisst-schon.

Die erste Stunde passiert erstmal wenig, das Boot schaukelt angenehm kräftig im wunderschönen türkisen Wasser und ich bewundere die Aussicht. Auch vereinzelte Papageientaucher schwimmen um uns herum.

Bucht von Húsavik
Papageientaucher, süß und tatsächlich sehr tollpatschig, besonders, wenn sie sich erschrecken und wegfliegen wollen,
denn dann verhaspeln sie sich und machen eine kleine Flügel-Zusammenknüll-Wasserrollen-Partie
Wahnsinnsfarbe!

Es ist still, alle blicken gespannt auf das Wasser.

Der Mann ist inzwischen ein richtiger Nordmann geworden...

An manchen Stellen kreisen sehr viele Möwen, das mag ein gutes Zeichen sein.

Möwen warten häufig auf das Auftauchen der Wale, denn sie bringen Futter an die Wasseroberfläche

Da, ein Blas!

"Ein Buckelwal, I guess", ruft Samuel. Der Blas war sehr weit entfernt. Das Schiff steuert auf die Stelle zu, an der der Buckelwal mittlerweile wieder abgetaucht ist.

Der Himmel hat sich etwas zugezogen, ich drehe sicherheitshalber die ISO an Emma hoch, damit ich mit möglichst kurzer Belichtungszeit fotografieren kann.

Auf einmal taucht der erste Zwergwal auf, gut zu erkennen an der geringen Größe und dem glatten Rücken.

Zwergwal, oder auch Minkewhale

Dort, wieder ein Buckelwal! Und weitere Zwergwale!
Immer wieder tauchen nun die Buckelwale nicht weit entfernt auf, ich kann ihre Barten erkennen, wow, das habe ich vorher noch nie gesehen!

Ein Buckelwal und der erste, bei dem ich die Barten zu sehen bekomme!

Die Buckelwale scheinen sich in unserer Nähe wohlzufühlen, jedenfalls tauchen sie häufiger und näher auf, als sie müssten. Zugegeben, die Zwergwale bekommen jetzt nicht mehr unsere ganze Aufmerksamkeit.

Ein gigantisches Tier. Wale berühren mich wie auch vermutlich 95% der Menschheit in ganz besonderer Weise
Immer wieder tauchen sie auf, als würden sie unser Boot umkreisen
Rücken eines Buckelwals

Auf einmal taucht einer direkt neben unserem Boot auf, höchstens 4 Meter entfernt!

So nah!

Ich kann seine Flossen sehen, die Barten, und bekomme vor Aufregung kaum ein vernünftiges Foto hin.

Gut zu erkennen: Die Barten des Buckelwals

Macht nichts, in meinem Kopf ist das Bild nun drin.
Samuel kriegt sich gar nicht mehr ein: "Minky at 5 o'clock", schreit er euphorisiert in sein Mikrofon,
"Haha, and there at three is again the humpback, wow". Wir müssen lachen, entweder ist er ein wahnsinnig guter Schauspieler oder er hat das tatsächlich so bisher nur selten erlebt.

Was für ein Schauspiel!

Nach 3 Stunden kehrt das Boot um, wir bekommen noch eine schöne Tasse Kakao und die obligatorische Zimtschnecke, yummi, und sehen noch zwei Delfine, die aber fix vom Boot wegflüchten.

Achso, wie ich das nun von den Blauwalen weiß? Stimmt, das wollte ich ja eigentlich erzählen.
Am Abend lernten wir im Hostel einen norwegischen Walforscher kennen, ja ehrlich, kein Witz. Er sei auf Expedition in Island um die Wale zu erforschen, erzählte er uns, mochte unsere Bilder der Walfluken in seine Datenbank aufnehmen (die Fluken sind quasi der Fingerabdruck eines Wales) und zeigte uns eine brandaktuelle Karte, die er von seinem Institut gemailt bekommen hatte, bei dem alle Informationen zusammenfließen. Mindestens 4 (!) Blauwale habe man in der Bucht in den letzten Tagen gesichtet, einer sei jetzt auf dem Weg nach Norden.

Vier Blauwale! Genau hier in der Nähe! Da müssen wir doch morgen... meinte ich. Also morgen müssen wir doch nochmal...! Aber auf die führerscheinlose Inka wollte einmal wieder niemand hören. Also sind wir am nächsten Tag wie geplant nach Osar gefahren und haben keine zweite Bootstour gemacht. Ich schwöre, hätte ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln später nach Osar nachkommen können, hätte ich das gemacht. Einen Blauwal sehen, das muss irre sein! Oder hätte ich wenigstens einen Führerschein, dann hätte ich am nächsten Morgen einfach das Auto entführt.

Und die Moral von der Geschicht? Inka hat jetzt auf ihrer Bucketlist einen Punkt ergänzt, und zwar g-a-n-z oben:

Führerschein machen!




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