Der größte Bronzearsch der Welt und beste Aussichten in Prag

Wie man es schafft, beim Prager Städtetrip die größte Touristenattraktion zu verpassen und dennoch echt tolle Ausblicke auf Prag haben kann? Ist fast ganz einfach.

Postkartengruß Prag

Der erste Tag ist wettermäßig nicht so dolle. "Ach", denken wir, "verschieben wir den Hradschin auf morgen." Denn vom Hradschin, von der Prager Burg, soll man eine tolle Aussicht haben, und die wollen wir ja schließlich bei tollem Wetter genießen. Außerdem läuft uns der Hradschin ja nicht weg.

Der Turm


Wir schauen uns erst einmal die Prager Altstadt an. Auf dem Altstädter Ring, dem Marktplatz der Prager Altstadt, befindet sich das Altstädtische Rathaus mit der genial-zauberhaften astronomischen Uhr, die ich nach 18 Jahren unbedingt wiedersehen will. Als wir die volle Stunde abwarten um zu bewundern, wie die Uhr Dingdong macht und das süße kleine Skelett die Sanduhr umdreht, stellen wir im Gedränge fest, dass man gegen Gebühr auf den Rathausturm klettern darf. Super, denke ich. Wetter ist zwar nicht so schön, aber so ein Ausblick ist ja immer ne feine Sache.

Der Ausblick ist sogar noch viel besser als erwartet:

astronomische Uhr, Altstädter Rathaus, Prag
Astronomische Rathausuhr in Prag
Turm, Altstädter Rathaus, Prag
Hinauf ins Licht - gottseidank mit Fahrstuhl
Turmaussicht, Altstädter Rathaus, Prag
Unglaublich tolle Aussicht von oben - einmal rundum!
Turmaussicht, Altstädter Rathaus, Prag
Der Marktplatz in Prag - eine einzige Touristenattraktion
Turmaussicht, Altstädter Rathaus, Prag
Wie im schönsten Spielzeugland - Prag von oben
Den Rest des Tages verbringen wir auf der östlichen Seite der Moldau und suchen uns sicherheitshalber schonmal hübsche Museen raus. Das Wetter verspricht nichts Gutes.

Veitsberg und Vitkov-Momument


Auch am nächsten Tag sieht es ziemlich grau aus und wir setzen unseren Museumsplan in die Tat um, der Hradschin läuft ja schließlich nicht weg.
Die Nationalmuseen lassen uns im Stich, was die neuere Geschichte Prags angeht, sie verweisen uns aber auf das Museum beim Vitkov-Monument, dem größten Bronzenen Pferdearsch der Welt. Fein, denk ich, das ist mal einen Ausflug wert.

Veitsberg, Vitkov Monument, Prag
Verwirrender Weg zum Vitkov Monument (oben) mit bester Streetart
Zu Fuß geht es auf den Veitsberg im Stadtbezirk Zizka. Auf den verschlungenen Wegen kommen Frühlingsgefühle und ab und an sogar die Sonne raus.

Veitsverg, Prag
Schöne Aussichten vom Veitsberg
Das Museum sieht monströs aus, stalinistisch, irgendwie sehr national und furchteinflößend. Innen drin ist es nicht viel anders, hier wollte jemand Prunk und Protz beweisen und sicherlich einschüchtern. Bei sowas kann ich nicht anders und werde ein bisschen sehr albern. Ja, salutierend in so nem Saal zu stehen ist vermutlich nicht unbedingt meine erwachsene Seite. (Hat aber außer dem Mann und den vermutlich 43 Kameras keiner gesehen...)

Museum Vitkov Monument, Prag
Vitkov Museum mit Ausstellung zur tschechischen Geschichte, marmorierten "Helden" und Gottwald-Mausoleum
Aber ich finde, ein bisschen lustig machen darf man sich schon bei dieser Geschichte: 10 Jahre wurde dort versucht, den Leichnam von Klement Gottwald einzubalsamieren. Als die verwesenden Kleinteile aber niemand mehr zusammenflicken wollte, hat man sie verbrannt. Das Mausoleum ist den Pragern wegen dieser Geschichte heute noch ein bisschen peinlich.

Die Ausstellung schauen wir uns brav Teil für Teil an, vermissen aber beide eine etwas tiefere und kritischere Auseinandersetzung mit den Zeiten des Kommunismus, Prager Frühlings und der "Normalisierung". Zusätzlich irritieren die etwa zusammengewürfelten sonstigen Ausstellungsstücke von der Steinzeit über das Barocksche Zeitalter und - ja - und noch so Zeiten. Als wir etwas ratlos durch die Prunksäle schlendern, nimmt uns eine nette Angestellte an die Hand und bedeutet uns, dass wir den Ausblick vom Dach auf keinen Fall verpassen dürfen. Sie verleiht dem Nachdruck, indem sie uns freundlich aber bestimmt in einen geheimen Fahrstuhl stößt, den Schlüssel rumdreht und uns einfach hinauf fährt. Und was soll ich sagen: Sie hat Recht!

Pragüberblick vom Veitsberg
Geniale Ansichten von Prag auf dem Veitsberg
Das Vitkov-Monument steht direkt vor uns. Es heißt, es ist die größte Bronzestatue der Welt:

Vitkov-Monument, Prag
Blick auf den größten Bronze-Pferdearsch der Welt
Pragüberblick vom Veitsberg
Blick auf den Funkturm im Stadtteil Zizka
Ich kann mir stundenlang dieses Miniaturwunderland von Prags tollen Altbauten anschauen, während aus dem Osten die Reggae, Ragga und Rockmusik eines Festivals herüberweht.

Das Metronom


Das komische Ding hatten wir am Tag zuvor von der Altstadt aus gesehen und stolperten dann zufälligerweise im Prager Stadtmuseum auf ein kleines Foto, was das ehemals größte Stalin-Denkmal abbildete. Nach fast 6 Jahren Bauzeit wurde das Denkmal 1962 nach gerade mal 7 Jahren Standzeit aufgrund Cruschtschows Entstalinisierung wieder gesprengt. Ich liebe solche skurrilen Geschichten.

Metronom, Stalin-Denkmal, Prag
Wo in den 50ern das größte Stalin-Denkmal stand, schwingt heute ein überdimensioniertes Metronom
Das Metronom wurde 1991 errichtet und schwingt seitdem hoch über der Stadt auf der Prager Kleinseite.
Und weil das Wetter irgendwie mäßig war, beschlossen wir, uns zuerst zum Metronom aufzumachen und dann zum Hradschin. Denn der läuft ja schließlich nicht weg.

Durch den schönen Park Letenske geht es, nach einem kurzen Weg stehen wir am Pavillon Hanavsky, in dem man Kaffee trinken kann und bereits eine tolle Aussicht auf die Stadt hat.

Letenske, Prag
Angenehm ruhige Grünanlage der Stadt: Der Letenske Park
Letenske, Prag
Auch wenn der Himmel etwas anderes sagt: Es ist Frühling in Prag
Es ist angenehm ruhig, die Touristen tummeln sich wohl lieber in der Altstadt und beim Hradschin, nur ein paar Guides führen ihre Touris hier herum - kein Wunder, denn von hier hat man die Postkarten-typischen Ausblicke auf die diversen Prager Brücken.

Letenske Park, Prag
Schöner Aussichtspunkt im Letenske Park
Prager Brücken
Gut zu erkennen: Die Karlsbrücke mit ihren Statuen, davor die Manesuv Brücke
Am Metronom, das wirklich riesig ist, gibts dann eine entspannte Stimmung, bedrohliche Wolken, warme Luft, Skater um uns herum und Schuhe auf einer gespannten Leine über uns. Ein bisschen skurril und ein bisschen schön und irgendwie authentisch - ich fühle mich sauwohl.

Metronom, Prag
Das Metronom auf Prags Kleinseite
Prager Brücken
Trotz bedrohlicher Wolken sauschön: Prag, die Brücken, die Moldau
Dass wir den Hradschin, die größte Attraktion Prags, nicht mehr geschafft haben, brauche ich wohl nicht mehr zu erwähnen. Irgendwie ist der uns doch weggelaufen. Oder ich habe zu lange an der John Lennon-Mauer Peacezeichen gemalt. Oder wir hätten weniger auf den großen Pferdearsch stieren dürfen, ich weiß nicht. Manchmal geht das Tourileben eben seltsame Wege.
Aber wie ich immer sage: Ein guter Grund, nochmal herzukommen.


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