Kunstmomente in Italien: Der Clown Grock

Zurück aus Italien gibt es heute erstmal den Kunstmomente-Post für Sarah, die jeden 1. und 15. des Monats die Kunstmomente von sich und anderen sammelt und veröffentlicht. Schaut unbedingt rein und noch besser: Macht mit!

Weil ich mich nicht kurzfassen kann, wird es mal wieder eine Geschichte: Die Geschichte über den Clown und Multikünstler "Grock" (das Bild ist von hier verlinkt).
In Italien, genauer: Oneglia / Ligurien, begegnete er mir - ich muss es zu meiner Schande gestehen - das erste Mal. Ein Nachfahre beschreibt: "Als er starb, kannte ihn jedes Kind. Heute ist der Clown Grock etwas in Vergessenheit geraten."

Eher durch Zufall fand ich vor der Reise einen Hinweis auf Grock und seine traumhafte Villa, ganz in der Nähe von unserem Ferienhaus, und ich dachte: Super, da fahren wir hin, ein Clownshaus kann ich auch den Kindern gut verkaufen. :-)

Grock, der eigentlich Charles Adrien Wettach hieß, wurde 1880 in der Schweiz geboren. Als er das erste Mal seine Schwiegereltern in Ligurien besuchte (er war mittlerweile das 2. Mal verheiratet), verliebte er sich in die Gegend, so wird es gesagt, und er ließ dort die Villa Bianca bauen. Später errichtete er ein zweites Gebäude, das die heutige "Villa Grock" ist. Die Villa Bianca wurde leider von seinen Nachfahren abgerissen. In der Villa Grock starb er 1959.

Auf zur Villa


Eines wunderschönen Mittags fahren wir also los zur Villa Grock, die allerdings nicht sonderlich gut ausgeschildert ist. Es schwant uns, dass das hier nicht zu den typischen Touristenattraktionen gehört.

Endlich schwitzend angekommen ist das Tor verschlossen. Oje.


Doch nach ein paar Minuten öffnet uns ein sehr netter älterer Herr. Wir sprechen leider kein Wort Italienisch, er kein Wort Englisch. Doch der werte Herr scheint selbst ein Künstler zu sein und erklärt uns mit unendlicher Geduld und sehr viel Witz und Kreativität mit Händen und Füßen anschaulich die Geschichte des Geländes und die gesamte Lebensgeschichte vom Clown Grock.

Der Garten ist traumhaft, die Villa und die Nebengebäude auch, aber leider ist alles wenig liebevoll hergerichtet. Es könnte mehr Pflanzen gebrauchen, und die ein oder andere Mauer hat große Risse. Immerhin wurde das Gelände 2009 sarniert. Natürlich ist es trotzdem noch sehr beeindruckend.



Wir können durch die Erzählungen nur erahnen, wie ungleich viel schöner es früher hier gewesen sein muss. Die Lampen z.B., erklärt uns der Herr, hatten ehemals alle verschiedene Farben.


Ganz alleine dürfen wir durch die Gegend laufen, niemand außer uns ist da, und immer wieder bietet der Herr sein anscheinend gigantisches Wissen über die Geschichte an.

Auf einer Treppe finde ich - eine Clownsnase! Sieht zwar aus wie eine Weihnachtschristbaumkugel, ist aber GANZ bestimmt Grocks Nase gewesen!

Musikalisch sowie spachlich sei Grock sehr begabt gewesen, erfahren wir: Er spielte 15 Instrumente und habe über 200 Stücke komponiert. Außerdem habe er fließend viele Sprachen gesprochen. Sein Witz war außerordentlich und er begeisterte das Publikum.

Auch wenn das alles ein wenig übertrieben sein sollte, gefällt mir der Elan und die Liebe, mit der dieser Italiener uns die alten Geschichten erzählt.

Astronomisch-anmutende Malereien am Villeneingang bezeugen die Zugehörigkeit Grocks zu den Freimaurern. Angeblich soll er ein hohes Mitglied, sogar ein Meister gewesen sein.


Über die Villa gab es viel Streit, erklärt er uns. Grock schockierte Familie und Angehörige, weil er sich nicht genügend von den Nazis distanzierte. Gut beschrieben wird das übrigens hier. Aber auch der Nachlass gab sehr viel Anlass zu Streitereien unter den Verbliebenen.
 
Als wir die Villa, die wegen Renovierungsarbeiten für Publikum geschlossen ist, von außen bewundern, öffnet der nette Herr auf einmal eine Tür und bedeutet uns, dass wir hineingehen können. Wow!


Innen ist es das Gegenteil vom Erwarteten: Alles wirkt sehr streng. "Außen lustig, Innen depressiv", lautet die Erklärung. Das Haus als Spiegel der Seele.
Vom Inventar ist leider gar nichts mehr vorhanden, das meiste ist im Besitz des Zirkus Roncalli-Gründers Bernhard Paul.


Wir werden durch das gesamte Haus geführt, bis nach ganz oben, wo der Künstler Aktportäts angefertigt hat - und eventuell hinterher das kuschelige Zimmer anderweitig genutzt hat? ;)


Jedenfalls hat es eine traumhafte Terrasse mit gigantischem Ausblick.


Schade, dass wir kein Italienisch verstehen: Der Herr packt noch mehrere Fotos aus und hätte sicher noch viel mehr erzählen können. Aber dann muss er los, auf seinen Ehering deutend, seine Frau würde langsam sauer. Seit 1975 sei er jetzt verheiratet. Dass er mindestens so gut ist wie Grock, ein Lächeln auf Gesichter zu zaubern, davon bin ich jetzt überzeugt.

Wer mehr über den interessanten Menschen und Künstler "Grock" erfahren möchte, kann hier http://www.clown-grock.ch/ nachlesen.

Zum Abschluss gibt es noch einen zauberhaft-lustigen Videoeinblick, den ich auf youtube gefunden habe.
Den Film musste ich leider aus urheberrechtlichen Gründen entfernen, vielleicht sucht Ihr einfach selbst nach "Grock" auf youtube.

Viel Spaß und immer schön die Clownsnase anbehalten, denn: Leben ist Kunst. :)

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